Virales Marketing

Was ist virales Marketing?

Wenn sich PR- und Werbebotschaften vorwiegend über Medien und soziale Netzwerke verbreiten, wird das als virales Marketing bezeichnet.

Es handelt es sich um eine Unterkategorie von Social-Media-Marketing, die als potenziell sehr effektiv eingeschätzt wird. Denn wie beim Mundpropaganda-Marketing verbreiten sich die Marketing-Botschaften von Mensch zu Mensch.

Für eine besonders effiziente Verbreitung ist wichtig, wie viral der geteilte Inhalt ist. Besonders gute Ergebnisse erzielen normalerweise Inhalte, die starke Emotionen auslösen. Sehr werblich gestaltete Spots funktionieren dagegen in der Regel nicht so gut.

Was ist virales Marketing

Für Werbetreibende ist virales Marketing aus einem weiteren Grund interessant: Die Botschaften müssen nicht konstant präsent sein, denn der virale Spot (alternativ Text, Bild oder andere Kommunikationsformen) wird lediglich angestoßen. Damit hält sich der finanzielle Aufwand in sehr engen Grenzen. Die virale Kampagne kann mit einem simplen „Like“ bei Facebook schon losgetreten werden. Das ist möglich, weil gerade dieses „Like“ den Post Hunderten Menschen zugänglich macht, die wiederum über ihre eigene Reichweite die Botschaft verbreiten.

Genau das ist allerdings auch der schwache Punkt des viralen Marketings: So eine Kampagne kann nicht exakt geplant werden. Unternehmen verbreiten keine viralen Botschaften. Die Nutzer und Nutzerinnen sozialer Medien verbreiten sie. Das funktioniert sogar quer über verschiedene Plattformen hinweg und ist nicht auf Facebook, YouTube oder Instagram beschränkt. Damit eine virale Kampagne crossmedial funktioniert, muss sie allerdings ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Warum ist virales Marketing viral?

Diese Form von Social Media Marketing wird als virales Marketing bezeichnet, weil sich Post und ihre Botschaft unter den Nutzern und Nutzerinnen der sozialen Medien ähnlich einem Virus verbreiten. Wer einmal „angesteckt“ ist, teilt die Botschaft mit dem gesamten persönlichen Netzwerk. Die Verbreitung von Kampagnen ist vonseiten des Initiators oder der Initiatorin nicht steuerbar, weder im positiven, noch im negativen Sinn.

Passives und aktives virales Marketing

Für die Werbetreibenden ist die virale Kampagne immer passiv im engeren Sinn. Aber wie verbreitet die Zielgruppe die Botschaft? Passives virales Marketing funktioniert automatisch. Die Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung reicht völlig aus, um die Botschaft zu verbreiten.

Aktiv bedeutet jedoch, dass die Zielgruppe selbst aktiv werden muss. Inhalte müssen geteilt, Post empfohlen oder geliked werden. Damit die Nutzer und Nutzerinnen das freiwillig (und oft ohne darüber lange nachzudenken) tun, muss der Inhalt also besonders viral sein.

Gelungenes Beispiel für ein virales Video von Edeka

Unternehmen landen immer mal wieder virale Kampagnen, die sich oft noch Jahre nach der eigentlichen Kampagne online verbreiten, über YouTube oder andere Kanäle auffindbar bleiben und damit recht nachhaltig sind. Edeka hat beispielsweise auf YouTube bis Mai 2017 Mehr als 55 Millionen Aufrufe für den #Heimkommen Video verzeichnet. Im Juni 2021 ist der Spot immer noch auf YouTube verfügbar, hat knapp 68 Millionen Aufrufe und etwas mehr als 361.000 Likes bekommen. Im Januar und Februar 2021 kommentierten Fans, dass es auch fünf Jahre nach dem Erscheinen noch keinen besseren Spot gibt. Worum geht es?

Ein älterer Herr lädt zu Weihnachten Kinder und Enkel ein, bekommt aber nur Absagen. Edeka spielt mit Klischees: Die Absagen kommen als Brief oder Karte auf Papier zu einem Zeitpunkt, zu dem der Weihnachtsbaum schon geschmückt neben dem Esstisch steht. Als Absender und Absenderinnen werden junge, beruflich erfolgreiche Menschen in fremden Ländern gezeigt, mit und ohne eigene Familie. Als nächstes wird eine Todesanzeige eingeblendet, die jungen Menschen kommen in schwarzer Kleidung zusammen. Der Herr erwartet sie in seiner Wohnung und spricht nun, am Ende des Videos, zum ersten Mal: „Wie hätte ich Euch denn sonst alle zusammenbekommen sollen?“ Damit ist der Spot aufgelöst, alle sitzen feiernd und essend zusammen am Tisch.

Warum funktioniert der Spot nun so gut, auch nach vielen Jahren noch? Edeka arbeitet mit zeitlosen Situationen, die quer durch alle Altersgruppen bekannt sind: Die Familie ist das Wichtigste, das Elternhaus vereint. Und gerade zu Weihnachten wird diese Familie in der westlichen Kultur sehr hoch bewertet. Eine Todesanzeige in der Weihnachtspost hat also eine besondere Wirkung. Noch mehr Wirkung hat das positive Bild der gemeinsam am Tisch sitzenden und essenden Menschen mehrerer Generationen. Außer dem eingeblendeten Edeka-Logo weist nichts darauf hin, dass es sich um einen Werbespot handelt. Werbung im klassischen Sinn gibt es also in dem Spot nicht. Unterlegt ist der Spot mit dem Song „Das“ von Neele Ternes. Die emotionale, aber ruhige Musik trägt zur Wirkung bei.

Interessant ist auch, dass die Anzahl der Aufrufe in den letzten vier Jahren um etwa ein Viertel gestiegen ist, die Anzahl der Likes sich aber verdoppelt hat. Die Kampagne hat bei der Zielgruppe offenbar so viel Eindruck gemacht, dass Fans sie immer noch empfehlen.

Beispiel für ein dank Interaktivität virales Video

Für Edeka war die Sache mit dem #Heimkommen Video einfach: Es wurde produziert und online in die Freiheit entlassen, der Rest passierte dann einfach. Es geht aber auch andres. Old Spice landete, ebenfalls mit einem bei YouTube veröffentlichten Video, vor einigen Jahren einen Treffer. Allerdings wurde das Video nicht einfach nur online veröffentlicht. Der Hauptdarsteller stand den Twitter-Usern unter den Old-Spice-Fans für Fragen zur Verfügung. Die auf Twitter eingegangenen Fragen wurde innerhalb von 48 Stunden mit insgesamt fast 200 weiteren Videos beantwortet. Hier wurde also innerhalb kurzer Zeit hoher Aufwand betrieben. Die Interaktivität und vor allem auch das starke Engagement der Zielgruppe sorgten dafür, dass die Kampagne erfolgreich war.

Dabei ist das Video selbst gar nicht so spektakulär: In sehr rapider Folge zeigt sich der Hauptdarsteller in immer wieder neuen Stereotypen, die den gängigen Klischees von Männlichkeit entsprechen. Mal steht er an Deck eines Segelschiffes, mal ist er auf dem Rücken eines Pferdes oder in einem selbst gezimmerten Pool im Garten zu sehen. Nicht einmal das Wasser muss als verbindendes Element dienen, denn in einer nur einen Moment dauernden Szene rinnt ihm Sand durch die Finger, der sich in Diamanten verwandelt. Ein Motiv kehrt aber immer wieder: Auf der Hand des Darstellers erscheint eine Flasche Duschgel der Marke Old Spice. Der Claim: Der Mann, wie der Dein Mann riechen könnte.

Sowohl der originale Clip als auch die zahlreichen Folge-Videos sind im Juni 2021 bei YouTube noch verfügbar. Die Suchmaschine Google findet den Clip sofort bei entsprechender Eingabe, und von den knapp 60 Millionen Aufrufen des Videos ist zumindest ein Teil noch recht jung – Old Spice hat also ebenfalls eine sehr nachhaltige Werbung geschaffen, die von 2010 bis 2021 den Usern und Userinnen von YouTube regelmäßig eingespielt wird. Virale Kampagnen sind also im besten Fall zeitlos.

Was ist das Ziel von viralem Marketing?

Normalerweise ist das Ziel von Werbung, Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen. Bei viralem Marketing sieht das etwas anders aus: Das Ziel besteht darin, Kult-Status zu erreichen. Die jeweilige Kampagne soll erst einmal nicht verkaufen, Sonden von den Usern und Userinnen in den sozialen Medien stark verbreitet werden. Natürlich folgen später Käufe, aber erst einmal geht es um einen Claim oder eine Markenbotschaft, die verbreitet werden sollen. Durch die Verbreitung der Werbebotschaft wird die jeweilige Marke gestärkt. Und das wiederum wirkt sich positiv auf das Ranking des Unternehmens aus. Der Unternehmensumsatz wird in diesem Fall langfristig gesteigert – virale Kampagnen sind nicht kurzfristig angelegt.

Vorteile von Mundpropaganda im Internet

Was der Nachbarschaftsplausch in analogen Zeiten war, ist das virale Marketing heutzutage. Es hat für Unternehmen viele Vorteile:

Virales Marketing hat auch Nachteile

So positiv das alles erst einmal klingt, ganz ohne Haken ist virales Marketing nicht. Wenn man eine Werbekampagne oder Teile davon der Zielgruppe überlässt, ist das natürlich immer mit einem Kontrollverlust verbunden. Vereinfacht ausgedrückt: Was einmal im Netz steht, lässt sich nicht mehr zurückholen. Das sind die Nachteile von viralen Kampagnen:

Aufbau und Verbreitung von viralen Inhalten

Eine virale Kampagne beginnt immer mit dem Seeding. Für die Verbreitung sind Videos genauso geeignet wie Informationsmaterialien (beispielsweise Whitepaper). Kostenlose Tools oder Spiele sowie Produkte eigenen sich ebenfalls. Die Verbreitung erfolgt zielgerichtet. Das bedeutet: Es reicht nicht, die „Goodies“ oder Informationen auf einem Blog des Unternehmens anzuteasern und dann einfach irgendwo hochzuladen. Diese Regeln gelten für das Seeding (die „Aussaat“) der Botschaft:

Virale Werbung findet zum überwiegenden Teil in den sozialen Netzwerken statt. Denn hier erreicht man innerhalb von Stunden Tausende Menschen. Zusätzlich stellen die Netzwerke den Usern und Userinnen Tools zur Verfügung: Inhalte werden ganz selbstverständlich geliked, geteilt und so weiter verbreitet.

Am Anfang des Seedings werden idealerweise Meinungsführer und -führerinnen angesprochen, also sogenannte Influentials in dem Bereich, in dem die Werbebotschaft einschlagen soll. Denn die geteilten und verbreiteten Inhalte dieser Personen werden von der Zielgruppe freudig aufgenommen. Vonseiten der Zielgruppe herrscht bereits das nötige Vertrauen, den Influencern wird Authentizität unterstellt, Autorität ist vorhanden. Die Botschaft bekommt also von Anfang an einen sehr hohen Stellenwert. Der zweite Vorteil liegt darin, dass Meinungsführende eine große Reichweite haben – und die wird für virale Werbung benötigt.

Konzept, Planung, strategische Durchführung

Virale Werbung kann zum Selbstläufer werden, aber das wird sie nicht einfach so. Ohne ein klares Konzept und viel Planung wird es nichts. Die Grundlage jeder viralen Kampagne bildet eine kreative und einzigartige Idee. Diese Idee muss für die Zielgruppe einen Mehrwert haben, sodass die Botschaft verbreitet wird. Die Verbindung zum Guerilla-Marketing ist insofern gegeben, als das Guerilla-Ideen sehr gut über virales Marketing umgesetzt werden können.

Zur Planung gehört, dass die ersten Multiplikatoren sorgfältig ausgewählt werden, ebenso wie die anvisierten Kanäle für die Verbreitung. Bleibt der virale Content innerhalb der anfänglichen Kanäle, ist eine Erfolgsmessung immerhin noch möglich. Später können die Kanäle jedoch aus ausgeweitet werden. Dabei ist wichtig: Die Verbreitung muss so einfach wie möglich sein! Das erreicht man über die Weiterempfehlungsfunktion der Social Media genauso wie über eine einfache Einbettung von Videos und Grafiken.

Wann verbreiten Nutzer und Nutzerinnen eine Botschaft gerne weiter? Richtig – wenn eine Belohnung lockt. Die Aussicht auf Gewinne ist immer eine gute Sache, weshalb viele virale Kampagnen ein Gewinnspiel in irgendeiner Art und Weise beinhalten. Aber Vorsicht: Das Gewinnspiel alleine macht den Content noch nicht viral! Das Gesamtpaket muss stimmen.

Ganz am Schluss: Wie misst man den Erfolg von viralem Marketing?

Die Erfolgsauswertung ist nicht so einfach wie bei anderen Werbemaßnahmen. Allerdings helfen Tracking-Tools weiter. Web-Analyse-Tools beispielsweise verraten, auf welchem Weg User und Userinnen auf eine Webseite gelangen. Social Media Monitoring Tools stehen nicht nur bei Facebook und anderen Netzwerken intern zur Verfügung, sondern können auch Übergriffen genutzt werden. Einige der Tools sind kostenlos. Clipping-Dienste sind dagegen kostenpflichtig. Sie ermöglichen es, Medien online und im Print nach Unternehmensmeldungen zu durchsuchen. Das sind Tools für die professionelle Medienbeobachtung, die sich durchaus lohnen können.